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Schlankheit, Schönheit, Kinder

August 22, 2016
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Ich bin heute Mutter eines Sohnes und einer Tochter. Manchmal denke ich drüber nach, in was für einer Welt sie gross werden. Die Schönheitsideale sind ja allgegenwärtig, auch für Jungs. Mir ist klar, dass ich das nicht kontrollieren kann, dass ich die Kinder nicht in jeglicher Hinsicht schützen kann. Ich versuche, offen über Körpernormen zu sprechen, gerade deshalb finde ich es praktisch, Barbies zu haben. Sie sind sehr geeignet, mit den Kindern ins Gespräch zu kommen über unrealistische Körpervorstellungen. Sowieso gibt es bei uns zu Hause eigentlich fast alles, ich verbiete keine Spielsachen. Aber ich sage klar meine Meinung, was mir gefällt, was nicht, und warum nicht. Dann gibt es manchmal Streit oder Enttäuschung, aber ich versuche, meine Tochter darin zu bestärken, ihre eigene Meinung zu haben – auch entgegen der meinigen. Denn ich glaube, dass vor allem ein tiefes und echtes Selbstbewusstsein sie davor bewahren wird, später wie das Barbie aussehen zu wollen. Wenn sie also auf dünne Barbies steht, anerkenne ich das. Ich sage: Ich finde es zu dünn, aber ich kann verstehen, dass es dir gefällt.

Susie Orbach, die Spezialistin für Essstörungen, meinte in einem Interview, sie würde ihre Tochter nicht anders erziehen als andere Mütter. Das einzige, worauf sie tatsächlich penibel achte sei, vor ihrer Tochter nicht schlecht über ihren eigenen Körper oder sich selbst zu spreche. Auch sämtlichen Betreuungspersonen, Babysitterinnen und Grossmüttern lege sie nahe, vor dem Mädchen nicht abwertend über ihre Körper zu sprechen.

Ich mache das auch so, ich spreche sowohl über meinen eigenen als auch den Körper meiner Kinder wertschätzend. Manchmal stehe ich mit meiner Tochter im Bad vor dem Spiegel und wir zählen auf, was wir alles an unseren Körpern mögen.

Während solcher Körperexpeditionen fällt mir dann auch auf, dass mich die Vorstellung, plötzlich stark zuzunehmen, bis heute ein wenig nervös macht. Auch meine Tochter werde ich vor solchen Ängsten wohl nicht gänzlich bewahren können.

Franziska Schutzbachs Text zu ihren Erfahrungen mit Bulemie ist äußerst lesenswert. Wichtig fand ich dabei auch, wie sie in der Kindererziehung mit diesen Erfahrungen umgeht – denn bei uns ist die Barbie- und Schönheitsfrage grade ziemlich brisant. So sehr ich gegen Rosa-und Prinzessinen-Bashing bin: zunehmend frage ich mich doch, wieviel Portionen an schönen und schlanken Prinzessinnen-Geschichten noch zu verdauen sind. Und ab wann es umschlägt, in Hass auf den eigenen Körper, der eben nicht so aussieht als wäre er von Disney oder Mattel produziert. Deswegen freue ich mich über alle Strategien jenseits des Barbie-Verbots (an dessen Wirksamkeit ich einfach nicht so glauben kann.)

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11 Kommentare leave one →
  1. August 22, 2016 10:27 am

    Ich finde es schlimm, dass es kaum alternativen gibt, die kinder wären auch mit einer puppe mit gesundem bodyindex und vollständigem organsazt glücklich, ich glaube nicht, dass es ihnen wichtig ist, dass alles pink ist, ich denke, dass barbie von vielen kindern mit in matschpfützen geschleift wird und ganz geschlechtsstereotypen untypische tätigkeiten mitspielt, je nach umfeld halt.. ich hab als kind barbiekleidung gehäckelt, weil das plastigzeug mir nicht gefiehl und ich mit wenig anspruch und viel phantasie gesegnet war..
    Lovis

    • August 22, 2016 10:33 am

      Ich stimme Dir bei den untypischen Tätigkeiten total zu – mein Problem ist nur, 1. dass die ‚Geschichten‘ zu Barbie und vielen (nicht allen) Prinzessinnen leider ziemlich ins klassische Rollenmuster gehen: Barbie modelt und schauspielert halt am liebsten (nachzulesen in den Pixie-Büchern dazu, etc.). 2. dass meiner Tochter und einige ihren Freundinnen (3-4 Jahre) ganz extrem auf die geschlechtsspezifische Werbung stehen und da ist aktuell ALLES pink und alles Barbie (bzw. ‚Mia and Me‘)…

      • August 22, 2016 10:45 am

        Ja, desshalb finde ich pink stinks auch nicht schlecht..
        Zum glück wohnen hier viele ökos, deren kinder wollpullis tragen und stoffpuppen in den schlamm tunken. Noch kennen meine kinder weder barbies noch rosa Ü-eier…
        Ein geschenktes rosa-rüschen-kleid, betietelte die Kleine gestern morgens als ich es vorschlug(ich muss es ja zumindest anbieten), mit dem namen einer freundin, die oft solche kleider trägt und einem abfälligen kopfschütteln. Wir haben es dieser freundin nun geschenkt, da die Kleine es ablehnt. Jippi!!!!
        Lovis

      • August 22, 2016 11:21 am

        Ja, wobei ich persönlich da schon wieder ein Problem sehen würde: Weil ich Kleider an sich nicht ‚doof‘ finde und es dann nicht so gut finde, Mädchen, die gern Kleider tragen, abzuwerten. Ich finde dieser Hyper-Vergeschlechtlichung von Mädchen ein Problem, aber die Ablehnung aller ‚weiblicher*‘ Attribute finde ich auch ein Problem – weil dahinter oft misogyne Vorstellungen stehen. Das ’neutrale Kinder-Ideal‘ ist halt oft an Männlichkeitsvorstellungen geknüpft.

      • August 22, 2016 11:51 am

        Sie war selbst alehnend gegenüber der idee sie könne es anziehen. Ihre freundin hat sie gerne, auch andere freundinnen in pink und rüschen.
        Ich hab aufgehört der Kleinen kleider anzuziehen, nachdem sie einen spielunfall hatte, weil ihr ein kleid die bewegungsfreiheit ihrer beine versagte. Auch will ich den kindern nicht meinen stiel aufdrücken, bzw meine vorstellung von assecuors. Da ich ihnen eh hosen unter die kleider ziehe, sind sie eigentlich unnötig und im weg.
        Auch fällt mir oft auf, dass mädchen und auch frauen sich in kleidern und röcken entweder nicht so frei bewegen können, wie männer(zB herrenrad) und jungen(klettern, toben), oder bei diesen sofort nackter sind, als die männlichen menschen, weiter führen angsträume dann ab einem gewissen alter dann zur einschränkung der persönlichen entfaltung.
        Ich trage selten röcke, wenn, mit kurzer stoffhose drunter, um auf meinem herrenrad und beim spiel mit den kindern in meinen bewegungen nicht eingestränkt zu sein.
        Jedoch möchte ich weiblich eingeordnete attribute nicht negieren, obwohl ich sie hinterfrage.
        Lovis

      • August 22, 2016 11:57 am

        Ja, das kann ich gut verstehen. (Ich glaub ich reagiere da etwas sensibel weil ich selbst gern Kleider trage.) Hach – es ist eben nicht einfach.

      • August 22, 2016 12:05 pm

        Nun ja, wir entwickeln uns ja aus den patriarchalen strukturen herraus, positive umwertung braucht seine zeit und kennt viele wege hin und weg von und zur gleichberechtigung und gleichwertigkeit…
        Viel glück und einfallsreichtum auf deinem!!!

  2. August 23, 2016 3:02 pm

    Meine Töchter sind Mädchen und Mädchen können stark sein und gleichzeitig Kleider tragen. Aber: Sie sind keine Prinzessinnen, sie sind keine Modells… Sie können das temporär im Rollenspiel sein und am nächsten Tag sind sie Piratin, Chorleiterin oder Indianerin. Sie können das ach so passive Dornröschen genauso lieben wie die selbstbestimmte Pippi Langstrumpf. Sie können heute Dunkelblau tragen und morgen Rosalila.

  3. November 28, 2016 9:16 am

    Apropos Prinzessinnengeschichten: http://www.chocoflanell.de/wir-sind-schwanger/

  4. zoing permalink
    Dezember 12, 2016 9:55 am

    Hello; erst letzet Woche diesen Blog entdeckt, immer auf der Suche nach neuen „Nicht-Rollen-Bildern“…;-) Das ist super, die Strategie von Orbach, sehe ich genauso, und tut auch nicht zuletzt einer/m selbst gut! Und ich will auch nicht, dass mein Sohn in diese Spirale reingerät, ob er sich nun selbst vergleicht oder sein Gegenüber.

  5. Mai 14, 2017 9:23 am

    Hallo,
    das Thema ist allgegenwärtig. Schon allein deswegen sind Prävention und Aufklärung, vor allem in Schulen sowie bei Elternabende wichtig.
    Danke für den tollen Artikel.
    Viele Grüße
    Michaela

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