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Zwei Väter, zwei Kinder – Interview, 3. Teil

Januar 27, 2014

Renee und Wolfgang sind seid 22 Jahren ein Paar und haben zwei Pflegekinder: Alara, 12 und Jens, 2 . Auch Alaras älterer Bruder Emin lebte lange Zeit in der Pflegefamilie, bis er vor einigen Monaten zu seiner leiblichen Familie zurückkehrte (alle Namen geändert). Die Familie wohnt in einem Haus in Berlin. Das Interview entstand 2005 im Rahmen eines Fotoprojekts zu queeren Familien und wird in drei Teilen veröffentlicht. Hier (nach dem ersten und zweiten) der dritte Teil:

Wie sieht es mit Eurer Rollenverteilung in der Familie aus?

Renee:   Nun ja, Wolfgang wollte gerne Kinder und ich wollte gerne arbeiten (lacht).

Wolfgang:   Die Kinder waren am Anfang so problematisch, dass einer zu Hause bleiben musste. Wir haben das zum Teil auch ausgehandelt.

Was macht Ihr, wenn Alara in die Pubertät kommt und dann Fragen zu Weiblichkeit und Sexualität auftauchen?

Renee:   Wir haben einige gute Freundinnen, die sie ansprechen kann. Aber oft will sie uns das auch erzählen. Neulich meinte sie: ‚Ich muss Dir was sagen, ich glaube ich krieg bald meine Tage.‘ Auch wenn sie weiß, dass wir nicht soviel Ahnung haben, will sie trotzdem, dass wir es wissen.

Wolfgang:   Wir achten schon bewusst drauf, dass wir auch Frauen im Umfeld haben. Beim Babysitter haben wir auch drauf geachtet, dass es eine Frau ist.

Werden Eure Kinder manchmal diskriminiert weil sie schwule Eltern haben?

Renee:   Soweit ich es mitbekomme: nein. Dabei ist es natürlich günstig in Berlin zu leben. Hier sind unsere Kinder keine Ausnahme, weil es fast nur Ausnahmen gibt.

Wolfgang:   Allerdings gibt es in der Schule schon Lehrer, die es einfach nicht begreifen wollen. Die wissen ganz genau, dass Alara zwei Väter hat, aber zu Muttertag müssen die was basteln – mit der klaren Auflage, dass auch wirklich nur ihrer Mutter zu geben. Vor allem in der ersten und zweiten Klasse hatte Alara damit Probleme. Sie meinte: ‚Ich sehe meine Mutter erst in ein paar Monaten wieder, was mach ich jetzt mit der Blume oder mit dem Gedicht?‘ So etwas verstehe ich einfach nicht. Warum man da nicht sagt, der Muttertag ist dafür da, jemanden, der sich in der Familie um bestimmte Sachen kümmert, eine Anerkennung zu geben.

Warum wolltet Ihr eine Familie haben?

Renee:   Ich finde, dass das schwule Leben oft sehr unverbindlich ist. Man übernimmt zwar mal kurz Verantwortung – etwa für einen Freund, dem es gerade schlecht geht – aber eine Familie ist schon etwas ganz anderes. Es ist auch angenehmer, wie durchmischt das Leben mit Kindern ist, da ist nicht nur eine Altersgruppe zusammen. Und es gibt so viele Sachen, die die Kinder machen, auf die man als Eltern stolz sein kann. Wo soviel zurück kommt.

Wolfgang:   Ja, zum Beispiel hatte Alara vor kurzem ein Konzert. Sie hat eine Zeitlang Singen gelernt und dann irgendwann mit zwei Freundinnen eine Band gegründet. Die haben ein Lied zusammen komponiert und den Text dazu geschrieben. Im Wasserturm in Kreuzberg gibt es regelmäßig Konzernte für Einsteiger, die das erste Mal auf der Bühne stehen. Und Alara ist dann da mit ihren Freundinnen hin, stellt sich tatsächlich auf die Bühne – es waren bestimmt so 50, 60 Leute im Saal – und hat zusammen mit ihrer Band ihr Lied gesungen. Und ich weiß, dass sie dazu früher nie und nimmer in der Lage gewesen wäre. Das ist schon toll.

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