Die Hebammensprechstunde und die Natur der Frau
Die bekannte Ratgeberautorin und Hebamme Ingeborg Stadelmann hat in der SZ ein lesenswertes Interview gegeben, in dem sie etwa den Druck kritisiert, der heute auf Müttern lastet und auch relativ differenziert verschiedene Möglichkeiten der Mutterschaft nebeneinander stehen lässt.
Auch ihr Bestseller-Ratgeber Die Hebammensprechstunde, der vor allem bei Müttern mit akademischen Hintergrund äußerst beliebt ist, ist sicherlich ein lesenswertes Buch. Ebenso sind die Mittel der Naturheilkunde, die sie dort oft als als Alternative zur Schulmedizin vorschlägt, bestimmt mitunter hilfreich. Und Hebammen sind auch meist super. Soviel der Loorbeeren. Nun zum Aber.
Die Natur wird in dem Buch, wie bei vielen Hebammen und Naturheilkundler_innen, natürlich äußerst hoch gehalten. Die Bilder, die wir von der Natur haben sind jedoch stark von unserer Kultur geprägt, (Stichwort Rousseau und seine NachfolgerInnen). Und viele dieser verklärten Naturbilder beinhalten einige problematische Zuschreibungen, die auch die vermeintliche Natur der Geschlechter betrifft und voll von Stereotypen sind. Diese gehen ungefähr so: Frau = Emotion, Körper, Natur, tierischer und kindlicher / Mann = Verstand, Geist, Bezwinger beziehungsweise Erforscher der Natur, menschlicher und erwachsener.
Einige Feminist_innen, die oft als Differenz- oder Ökofeministinnen bezeichnet werden, haben diese Bilder aufgegriffen und positiv gewendet. Dagegen kritisieren Feminist_innen neuerer Schule, die oft von Queer- und Postcolonial-Theory beeinflusst sind, diese Bilder als sexistisch, rassistisch und essentialisierend – statt ‚Natur‘ gehe eher eine ‚Naturalisierung‘ von Stereotypen vor sich. Welch Überraschung, meine Position ist letztere.
Stadelmann dagegen ist definitiv eher, wenn überhaupt, auf ökofeministischer Seite. Sie propagiert jedenfalls ganz schön traditionelle Ideen von der Natur und dem Wesen der Frau. Nur einige Stellen aus dem Buch (das übrigens dankenswerter Weise in „verständlicher Frauensprache“ (S. 9) geschrieben ist), die ich mit einigem queerfeministischen Bauchweh gelesen habe:
– Zur Pränataldiagnostik: „Oft entscheiden sich die Frauen gemeinsam mit ihrem Mann nach der männlich strukturierten Verstandesebene und vergessen dabei, dass ‚mann’ niemals über die Gefühle einer Frau entscheiden kann.“ (S. 39)
– Zur Schwangerschaft: „Die Frau ist manchmal wie verwandelt. Sie riecht Dinge, die anderen verborgen bleiben, sie ist viel sensibler in ihren Empfindungen, sie weint und freut sich über ein und dasselbe Ding. Ein Mann erzählte mir einmal: ‚Mir kommt es vor, als wäre sie selber ein kleines Kind, freut sich über alles und ist beleidigt wegen nichts.’ Worte sprechen für sich. Ich bin selbst auch nicht in der Lage, als Mann zu empfinden, und kann dann nur um Verständnis für die Frauen bitten und sagen: ‚Es sind halt andere Umstände.’“ (S. 35)
– Zur Geburt: „Jede Frau ist fähig zu gebären! So einfach sich dieser Satz anhört, so kompliziert ist das hormonelle System, das dies ermöglicht und das zudem immer noch nicht gänzlich erforscht ist.“ (S. 238) (Jede Frau? Dann sind wohl einige Menschen, die sich als Frauen verstehen, eigentlich ‚Männer‘.)
– Erfahrungsbericht zur Mutterliebe: „Von da an konnte ich verstehen, was es heißt, eine Glucke zu sein, die die eigenen Kinder fauchend verteidigt. Ich spürte was die Worte bedeuten: Ein Mutterherz blutet. Geben Sie diesen Gefühlen nach und verteidigen Sie ihr Kind.“ (S. 343)
Auch allgemein sind in dem Buch Medizin, Technologie und Wissenschaft als ‚männliche‘ Bereiche markiert und werden oft latent abgelehnt. Natur, Spriritualität, Gefühl und Instinkt erscheinen dagegen als durchweg positiv und ‚weiblich‘.
Interessant sind übrigens auch die vielen Kommentare zum Interview in der SZ. Etwa schreibt eine Leserin namens Janne Frederiksen in ihrem recht harten Urteil unter anderem: „Wer bei Ingeborg Stadelmann nämlich lesen muss, dass sich ‚das Wesen einer Frau‘ in ihrem Verhalten unter der Geburt offenbare, bekommt leicht den Eindruck, hier würden Schulnoten verteilt oder Verdienstorden zum Anstecken und Im-Yogakurs-Vorzeigen: ‚Ich habe geboren – ganz natürlich‘. Für mich spricht aus Ingeborg Stadelmanns ‚Hebammensprechstunde‘ eine gewisse Gnadenlosigkeit.“
So oder so, man sollte sowieso in keiner Sprechstunde alles glauben.
Ja – so richtig ernst kann man das Buch nicht immer nehmen. Aber mir hat es in meinen Schwangerschaften schon oft echt geholfen, über diese Stellen hab ich einfach drüber gelesen.
Mich hat das Buch, kombiniert mit der Schwangerschaft vor ganz verrückte Fragen gestellt: Dekonstruktion und ein dicker Bauch. Geruchsempfindlichkeit, Übergeben und die Theorie sex ist nur konstruiert. Die Auswirkungen des eigenen Körpers inklusive Gratis Hormone, Schweiß, Venen und co, lassen Zweifel aufkommen an der so logisch klingenden Theorie, deshalb beruhigt es mich schon, dass dem konstruierten Geschlecht, der Blick auf Körperlichkeit folgt. Denn „Geschlecht ist konstruiert“ wirkt undenkbar unter Wehen.
In diesem Sinne finde ich es gut das Buch mit den differenzfeministischen Aussagen zu kritisieren und eine schöne Vorstellung wäre es mit der Autorin in diskursiven Ausstausch treten zu können.
Und ein anderer interessanter Blickwinkel zwischen Naturalisierung/Essentialisierung und Identitätspolitik: das Buch hat mir auch geholfen mich auf meinen Körper einzulassen, das war dienlich während der Geburt und hilft mir im Nachhinein ganz anders z.B. mit Frauen*, Trans* über Körper, Verhütung, Hygiene, Sexualität zu reden. (Dafür war das Buch natürlich und mit Sicherheit auch glücklicherweise nicht der einzige Auslöser)
Da es einen missverständlichen Nebenklang hat: ich denke das „sex“/Geschlecht konstruiert ist, nur bleibt für mich Körper nicht nur Konstrukt sondern auch das materielle mit dem ich mich real, verletzlich, kaputtbar, sterblich und ggf. schwanger durch das Leben schlage.
Hallo, danke für den guten Kommentar, ich versteh total was Du meist – Mutterschaft/Reproduktion wird ja oft als ‚Gegenteil‘ zu Konstruktionstheorien gesehen bzw. gefühlt. Was ich einerseits sehr nachvollziehbar finde – wenn man länger drüber nachdenkt wird es aber immer unsicherer…
Weil: 1. das komische ist ja, das Intersex- oder Trans- Identitäten bzw. Körper ja eigentlich auch ganz schön die ‚Eigenständigkeit‘ der Materialität demonstrieren (Organe/ Körperteile/ Haare/ Hormone die nicht zur Identität oder gesellschaftlichen Konstruktion passen, etc.). Seltsamerweise waren diese Körper aber eine Zeitlang die Standardbeispiele für die Konstruktionstheorie, während schwangere und gebärende Körper es grade nicht sind und diese oft zu widerlegen scheinen, was mich wundert.
2. Konstruktion und ‚Eigenmächtigkeit der Materie‘ schließen sich ja eigentlich überhaupt nicht aus, auch wenn das oft so gedacht wird. Schließlich hat ja schon Judith Butler sich gegen sogenannten ‚radikalen Konstruktivismus‘ gewehrt und ja gerade gesagt, dass die den Körper eben nicht als passives ‚leeres Blatt‘ sieht, in den sich dann ‚aktive Kultur‘ einschreibt. Nur weil etwas konstruiert ist, bedeutet das ja nicht, dass es nicht ‚wirklich da‘ ist.
3. Ich denke auch, wie Du ja geschrieben hast, Materie und Körper sind da und machen was (Haraway hat das ja mal ganz schön als ‚activity‘ bezeichnet), und nicht alle Körper und Materien können das ‚gleiche‘ machen. Nur wie wir das ‚Machen‘ benennen, wahrnehmen und interpretieren ist kulturell und quasi dadurch ‚konstruiert‘ (also dass wir z.B. Hormone als ‚Hormone‘ benennen und quasi als ‚chemische Sexualbotenstoffe‘ wahrnehmen, die bestimmte Dinge wie ‚Mutterliebe‘ auslösen sollen. Oder das wir ‚Gebären‘ und ‚Schwangerschaft‘ als ‚ursprüngliche‘ und ‚rein-weibliche‘ Tätigkeit ansehen). Ich finde den Ausdruck ‚materiell-semiotische‘ Akteure für Körper, den Harway geprägt hat, ganz schön.
Krhm, tschuldigung, dass ich so abgeglitten bin – ich könnte da jetzt noch eine noch mehr theorieschwangerere Abhandlung hinzufügen … Was ich sagen wollte: ja, Stadelmanns Buch kann teilweise echt gut und hilfreich sein. Und gerade bei Stadelman versus ‚moderne‘ Gender/Queer Theorien offenbart sich erst Mal eine Kluft. Und vielleicht kann ja diese Kluft irgendwie produktiv gemacht und genutzt werden…
Liebe Grüsse
au ja. also ja genau 😉 Nicht dass ich auf dem gleichen Niveau ad hoc antworten könnte. Aber ich finde das nochmal sehr schön auf den Punkt gebracht, die von mir empfundene Gegensätzlichkeit, die bei genauerem Hinschauen gar keine sein muss. Und ich finde eben in deinem letzten Satz oder vielleicht sogar Appell viel Reizvolles.
Die Kluft produktiv machen!
Mutterschaft entnaturalisieren und gleichzeitig den Körper/die Materie als wirklich betrachten – mit eben dem kritischen Blick, dass alles was wir verbalisieren, annehmen denken, „Verwirklichung“ unserer Sozialisation ist. Und es somit immer noch etwas gibt zum dahinter schauen. Also Überprüfen welch neues Konstrukt uns da gerade hilft den Körper zu verstehen. (Das an sich ist ja auch spannend – das wir in etwas stecken und mit etwas wirken was wir aber erst noch verstehen müssen/wollen weil das darüber gelernte sich als Konstruktion erweist)
Und zu 1. :
Ich finde auch immer wieder bezeichnend, dass in Dekonstruktionsdiskussionen Intersexualität häufig als Maßstab dient an dem die Konstruktion zerbricht, die Logik an sich zerbricht dabei aber nicht (auch wenn ich damit nicht sagen möchte, dass dieser Weg der Argumentation unvertretbar ist). Ich frage mich nur langsam, ob damit nicht auch neu konstruiert wird in einer Art und Weise die Ausschlüsse schafft statt Freiräume. Denn Intersexualität ist in dieser Argumentation ja immer „das Andere“ an dem die Zweigeschlechtlichkeit scheitert. Und anhand des schwangeren Menschen zu dekonstruieren erscheint mir weitaus schwieriger aber nachhaltiger.
Bisschen erinnert mich das an die femme-Debatte: Wie feminin darf ich sein wenn ich Feministin bin? Wieviel Körper darf ich zulassen wenn ich dekonstruiere? Wie schwanger darf ich werden, wenn ich dekonstruiere? Wieviel Wehenerfahrung kann ich verarbeiten in der Postmoderne und nach dem Differenzfeminismus?
Nun ja jetzt hab ich ein wenig unqualifiziert Fragen produziert, aber ich vermisse Literatur, die sich genau diesem Spektrum an Fragen stellt. Und ich freu mich gerade den ein oder anderen Gedanken aus der Schwangerschaft ohne dicken Bauch weiterdenken zu können.
PS.: das mit dem Abgleiten fand ich nicht schlimm eher motivierend, wenn auch das universitäre Vokabular herausfordernd ist, zum Glück kenne ich mindestens die Namen 🙂
Ja, entschuldige das akademiker-vokubular, ich beschäftige mich auf der ebene schon länger mit dem thema und komme da manchmal nicht aus meiner haut 🙂
Ich finde deine fragen kein bisschen unqualifiziert, sondern extrem wichtig und interessant, weiß aber leider auch keine literatur zu dem thema… Und grade dieses ‚Wie feminin darf ich sein, wenn ich feministin bin“, etc. treibt mich auch grade etwas um. Weißt Du da evtl. Literatur oder ähnliches? Naja, ich muss jetzt los, aber danke nochmal für deine antwort und ich hoffe bis bald mal!
waer dann aber noch die frage der definition von „feminin“. erstmal bedeutet es ja nur, eine frau zu sein, oder sehe ich das falsch?
nur hier noch der tipp der dir eh bestimmt schon bekannt ist zum thema feminin das buch:“Femme!“ http://www.das-femme-buch.de/.
ich habe es leider selbst noch nicht gelesen aber feminist_innen nur gutes erzählen hören…
danke – das kannte ich noch nicht! Klingt echt gut!
Mich stört an Stadelmann neben dem Geleier im wesentlichen, das ihre Still-Ratschläge teilweise deutlich überholt sind.
Ich gewisser Weise zeigt sich das Naturell einer Frau schon während der Geburt. Natürlich eingeschränkt anwendbar, denn ein Naturell ist nie rein „temperamentvoll“ oder „weinerlich“ oder dergleichen. Es ist aber eine extreme Grenzerfahrung, die die Tiefen des eigenen Selbst hervor holt. Und auch oft die bisher vorherschenden, gern auch mal verdrängten, Lebensthemen auf den Plan holt.
Empathische Hebammen würden dem auch keine Wertverteilung beimessen. Im Idealfall wird die Frau einfach als das Wesen angenommen, das ist sie. Maximal kommt ein „damit kann ich nicht gut umgehen“ ins Spiel. Das wars aber auch schön – nüscht mit Schulnoten.
Sagt eine, die Hebamme wird.
Hallo Johanna,
wie toll, mal Rückmeldung von einer angehenden Hebamme zu bekommen! Ich denke auch, wie Du schreibst, dass es eine Grenzerfahrung ist, die Lebensthemen auf den Plan holen kann. Und es ist gut, dass es da bei dir keine Werteverteilung gibt.
PS: ich habe nocheinmal über den Kommentar nachgedacht – ich glaube ich finde Vokabeln wie ‚das Naturell einer Frau‘ und ‚das Wesen, das sie ist‘ einfach trotzdem ein bisschen problematisch. Denn ‚Naturell‘ und ‚Wesen‘ gehen ja definitiv in die Richtung ‚der wahre Kern‘, ‚die wirkliche Wahrheit deiner Persönlichkeit‘, ‚die Essenz‘ oder ähnliches. Und da ist es dann doch schwer, die Wertung und die Schulnoten rauszuhalten. Wer will schon rausfinden, dass sie ‚wesenhaft ängstlich ist‘ oder dass ihr ‚wahres Naturell‘ wehleidig und jammerig ist? Natürlich möchte doch lieber jede ein starkes, ruhiges, kraftvolles, etc. ‚Wesen‘ sein.
Ausserdem verstehe ich nicht, warum man davon ausgeht, dass jeder nur ein einziges essenzielles Wesen hat und warum man dann genau dieses ‚Wesen’/’Naturell‘ mit ‚Geburt‘ verbinden muss. Es gibt doch so viele verschiedene Situationen im Leben, in denen sich ein ‚Naturell‘ zeigen könnte und in denen man/ frau sich verschieden verhält. Und ist eine Frau, die in vielen Situationen eher mutig ist, also z.B. eher extrovertiert ist, öffentlich gern ihre Meinung sagt, evtl. sogar gerne Fallschirm springt, etc. – die aber Angst vor dem Geburtsschmerz hat und sich dabei eher ängstlich verhält, plötzlich ‚wesenhaft ängstlich‘? Könnte man nicht eher sagen, manchmal ist sie mutig, manchmal ängstlich? Ich fände es eher übertrieben, dieser einen Situation Geburt so wahnsinnig viel Bedeutung beizumessen.
Naja, wahrscheinlich wolltest Du das auch gar nicht sagen, ich finde deine Einstellung ja auch sehr gut. Ich wollte eher vor Begriffen wie ‚Wesen‘ und ‚Naturell‘ warenen. Liebe Grüsse
Ich mach mir ja über Genderfragen erst Gedanken, seit ich Mutter bin.
Denn als ich schwanger war, wurde ich erstmals explizit mit meiner Rolle als Frau konfrontiert und dann war irgendwann noch klar, es wird ein Mädchen… Da hab ich zum ersten Mal begonnen zu reflektieren.
Und ganz ehrlich: Meine Hebamme hat mir zwar sehr geholfen, aber nachdem ich den ganzen Kram fast versucht hätte ach so „natürlich“ und deshalb angeblich „echt weiblich“ über die Bühne zu bringen hab ich für immer die Schnauze voll von Homöopathinnen und Krätertee-Tanten. Jeden seins, mir bitte echte Medizin oder keine.
Erst hielt ich das Buch ja für soo toll und hilfreich! Und dann war es unterm Strich nicht das Papier wert, jedenfalls in meinem konkreten Fall. (Mammal meinte, die Stilltipps wären überholt – ich glaube sowas ist einfach von Fall zu Fall und Brust zu Brust verschieden, und so halt auch der Rest. Für mich persönlich ist das ganze Ding Mist.)
Eine Erinnerung macht mich immer noch besonders sauer: Ich hätte beinahe versucht, um’s verrecken ohne PDA zu gebären. Weshalb ich schließlich so entkräftet war, dass die Hebamme im KH (zum Glück eine andere, als die, die mich vorbereitet hat) mir die PDA explizit angeboten hat. Ich darauf „Wie ich denke, dass ist schlecht? Unnatürlich, und dann muss man Kaiserschnitt machen, also meistens, und so, und überhaupt…“
Die hat mich dann aufgeklärt, dass Fälle, bei denen Frau so fertig ist, dass sie eine PDA braucht, einfach meist so schwer sind (z.B. bei einem _echt_großen_Kind_ dammit! Hehe…), dass evtl. auch ein Kaiserschnitt einhergeht, dass das eine aber nicht das andre verursacht.
War dann eine coole Geburt. Mit PDA. Ohne Kaiserschnitt. Zum Glück nicht Daheim! (DAS wär’s noch gewesen! *grusel*)
Ich steh ja auf Technologie, Medizin und Wissenschaft. Nix gegen Spiritualität, kommt ja von „Geist“, aber ich bin keine Ur-Frau, ich muss nicht mehr in der Höhle gebären, und ICH empfinde das als Vorteil! 😉
meine hoehle ist wenigstens sauber und nicht voller MRSA.
Hallo Anna, wow – herzlichen Dank für deinen langen Erfahrungsbericht! Und schön, dass dann schließlich alles gut verlaufen ist. Liebe Grüsse
Ich habs nachgelesen – Straphylokokken also, aber was genau soll mir das sagen? Kommen die in Krankenhäusern öfter vor?
Staphylokokken? Ja, auf jeden Fall. MSRA und andere multiresistente Keime auch. Mit der Hygiene ist es nicht so weit her, wie man glaubt. Es gibt immer noch viel zu viele Zwischenfälle was die Hygiene angeht. Auch in Deutschland.
Ich arbeite als Krankenschwester und ja – multiresistente Keime können manchmal ein Problem darstellen, vor allem aber auf Intensivstationen und für schwer kranke Patienten. Ein Geburtssaal ist aber ganz sicher sehr viel keimfreier als eine ‚Höhle‘ oder auch als die meisten Privatwohnungen. 😉 Und Kindbettfieber und Infektionen sind durch moderne Hygiene ganz erheblich zurückgegangen.
Mag sein, Melanie. Aber während auf die Keime im heimischen Umfeld eine erworbene Resistenz vorliegt, ist das bei den Keimen mit vielen Fremden Menschen in den Geburtsräumen leider nicht so. Auch die Wochenstation mit den vielen ein- und aufgehenden Besuchern … und da sind die hygienischen Begebenheiten ganz sicher nicht keimfreier als zuhause. Im Gegenteil.
Liebes medizinisches Fachpersonal – ich finde toll, dass Ihr den Blog lest und kommentiert. Trotzdem würde ich Euch gerne bitten, bei medizinischen Spezialthemen wie MSRA-Keimen oder ähnlichem auch auf wissenschaftliche Studien bzw. seriöse Informationstexte zu ebendiesen zu verweisen. Ich bin nämlich – wie wahrscheinliche viele hier – keine Medizinerin/ Hebamme/ Krankenschwester und kann den Wahrheitsgehalt bzw. Bedrohungsgrad nicht so ganz abschätzen, und erfahrungsgemäß entsteht dann gefährliches Halbwissen und auch schnell mal unbegründete Panik. Also sehr gerne Weiterschreiben, aber es wäre sehr nett bei solchen Themen auf Objektivität und ein geringes Angstmach-Niveau zu achten.
witzig, dass ich das buch rezensiert hier in diesem sympathischen blog wiederfinde – ich hab in den vergangenen monaten selber schon einige male die nase reingehalten (in der buchhandlung meines vertrauens darf ich, so lange ich will, schmökern ohne zu kaufen 🙂 WEIL es schlicht der ausführlichste schwangerschafts-ratgeber ist, den ich bisher gesehn hab. trotzdem würd ich da kein geld für ausgeben, ist mir nämlich bisweilen, echt zu sehr in richtung eso gehend. interessant und kritikwürdig zugleich finde ich z.b. die lange liste der kräuter und lebensmittel, die während der schwangerschaft zu meiden seien. leider sind in dieser auflistung zufällig so ziemlich fast alle gewürze, die mein gewöhnlich ausgestattetes gewürzregal bietet, genannt und mitunter explizit verboten. außer bei stadelmann wird frau kaum woanders so ausführlich gewarnt – wohl, weil es in dem maß nicht nötig ist! die asketinnen, die diese liste konsequent befolgen, tun mir leid. darüber hinaus finde ich die werbung für ihre eigene aromaessenzen-linie mitunter lästig bis lächerlich, wenn sie im selben satz, in dem sie namen und adresse des produktvertriebs nennt, noch explizit betont, keine werbung machen zu wollen („empfehlung“). trotz alldessen gibt es keinen schwangerschaftsschinken, den ich lieber konsultiere und den ich so lange in der hand halten mag – einmal auch aus sensationslust (esokram), dann aus echtem interesse (kräuterkunde) und dann eben wegen der ausführlichen schilderungen und anekdoten: im gegensatz zu anderen ratgebern ist dieser eben nicht innerhalb einer halben bis dreiviertel stunde zuendegelesen mit dem halbzufriedenen gefühl, schon wieder dasselbe wie überall bestenfalls tlw. umformuliert aufgenommen zu haben.
ob der angedeuteten „länge“ dieses buches scheint mir der verdacht, es könnte sich eher an akademisch gebildete eltern verkaufen, allein schon berechtigt. aber, @fuckermothers, gibt es da eigentlich beweise zu? ich hätts nun eher der weleda-eso-anthro-fraktion zugeordnet, die ich lediglich in einer teilmenge unter „akademikern“ verorten würde…
Hallo Hezhex, danke für deine lange Buchrezension! Zu den Akademiker_innen: da gibt es tatsächlich keinerlei Belege, es handelt sich also nur um eine Mutmaßung meinerseits (aus Beobachtungen aus dem Umfeld – das allerdings fast ausschließlich aus dem akademischen bereich kommt, also alles andere als repräsentativ ist – , kombiniert mit Buchlänge, Inhalt, Aufmachung, etc.). Ich würde es auch eher der ‚Weleda‘-Fraktion zuordnen.
Und zu dieser Gewürzverbots-Sache: da habe ich den Verdacht, dass es sich dabei eventuell um Ausläufer der (antiken) Diätetik handelt, die im 18/19. Jahrhundert wieder in der Hygienebewegung sehr populär wurde und danach noch lange in der Lebensreformbewegung/ Naturheilkunde überlebt hat. Da waren die Nahrungsempfehlungen für Schwangere fast identisch mit denen für Kranke, und dazu gehörte dann unter anderem eben nur ‚Mildes‘, ungewürztes, etc. Wenn meine Vermutung stimmt dann wäre das also eeecht altes (und empirisch wahrscheinlich eher nicht belegtes) Wissen.
Liebe Grüsse!
Ach – ich freue mich! Endlich eine feministische und kritische Auseinandersetzung mit dem Mutterwerden, Muttersein, mit dem Gebären als Blog – danke das tut mir persönlich als feministische Mutter von zweien prima gut!
Umso lustiger, dass ich „natürlich“ über genau dieses Buch stolpere, welches mich auch 2x begleitet hat, ausgeliehen und abgegriffen lag es neben meinem Bett. Und wenn ich mich recht erinnere, dann waren die Tips das eine – aber für mich waren die „Erfahrungsberichte“ viel wichtiger, weil sehr aufschlussreich und eine große Hilfestellung. Denn es gibt für jede/n den eigenen Weg. Und daher denke ich auch nicht, dass es das „Wesen“ ist, von der eine der Hebammen oben schrieb, sondern es ist die eigene Persönlichkeit und all die angesammelten Erfahrungen als „Frau“ und all den Erwartungen als „Mutter“ die unter der Schwangerschaft, aber auch unter der Geburt sich als Reibungsfläche, als Herausforderung, als Überforderung, als als und und, … einstellen. Und was wäre es schön, wenn genau diese Reibungen nicht wären – aber ich hatte den persönlichen Eindruck, dass ich mich „natürlich“ – eben mit meinem eigenen Körpersein – an den hegemonialen Konzepten und Konstruktionen von Weiblichkeit, Frausein – und neuerdings Muttersein, gerieben habe und immer wieder reibe.
Ich reibe mir dann doch immer wieder die Augen, weil ich mich frage, wo denn eigentlich die feministische Solidarität mit den Kämpfen der Hebammen bleibt – wie diese plötzlich mit horrenden Versicherungssummen konfrontiert waren. Denn ein Recht auf selbstbestimmte Geburt wäre doch mal eine feministische Forderung, und dazu gehört für mich die Wahl ob ich zuhause oder im Krankenhaus (ambulant) gebären oder entbinden will – aber ohne freie Hebammmen keine Selbstbestimmung.
und einfach ein großes Dankeschön an diesen Blog.